Bild zeigt ein rotes Einkaufwagensymbol auf einer geöffneten Roboterhand

Online-Marktplätze für Roboter und deren Zubehör können für kleinere Unternehmen ein guter Einstiegspunkt in das Thema Roboter-Automatisierung sein. (Bild: Adobe Stock)

Worum es geht

Gerade für Neueinsteiger in der Robotik-Automatisierung kann die Fülle des Angebots einschüchternd sein. Online-Marktplätze für Cobots, Kameras und Greifer können ein guter Einstiegspunkt sein, um sich durch Tools wie Konfiguratoren einen Überblick zu verschaffen oder sich direkt bei der Auswahl eines Systems beraten zu lassen. Kollege Roboter stellt in lockerer Reihenfolge die wichtigsten Online-Marktplätze für Robotik vor. Heute: RBTX.

Wie kam es zur Entwicklung des Marktplatzes?

Es gebe häufig eine Diskrepanz zwischen den Anbietern von Robotik-Lösungen und den Kunden, erläutert Alexander Mühlens, Leiter des Geschäftsbereich Automatisierungstechnik und Robotik (low cost automation) bei der Igus GmbH, die hinter dem Marktplatz RBTX steht. „Die Frage, die sich der Anwender zu Beginn stellt, ist, wie er seine Aufgabe mit wenig Aufwand kostengünstig automatisieren kann. Am Anfang seiner Suche trifft er auf ein breites Angebot der Robotik-Hersteller."

Dabei sei es für ihn aber schwierig, auf den ersten Blick einzuordnen, welche Lösung er passgenau für seine individuelle Anwendung braucht:  „Funktionieren die Komponenten der unterschiedlichen Anbieter problemlos untereinander? Wie lassen sie sich in die eigene Applikation integrieren? Und was kostet die Lösung am Ende? Je weniger Automatisierungserfahrung der Interessent hat, desto höher ist die Einstiegshürde.“

Diese Vielzahl an Hürden für den Kunden zu senken, damit er einen schnellen Return on Invest erzielen kann, sei das vorrangige Ziel der Low Cost Automation von Igus: „Der Einstieg in die Automatisierung soll sehr einfach und günstig sein."

Wer steht hinter dem Marktplatz

Alexander Mühlens, Leiter des Geschäftsbereichs Automatisierungstechnik und Robotik bei Igus und treibende Kraft von RBTX.
Alexander Mühlens, Leiter des Geschäftsbereichs Automatisierungstechnik und Robotik bei Igus und treibende Kraft von RBTX. (Bild: Igus)

RBTX ist 2019 von Igus aus der Taufe gehoben worden, einem Hersteller von Konstruktionskomponenten aus Hochleistungspolymeren wie zum Beispiel  Energiekettensystemen und Gleitlagern. Verantwortlich dafür ist Alexanders Mühlens, Leiter Geschäftsbereich - Automatisierungstechnik und Robotik (low cost automation) bei Igus. Er ist seit mehr als 10 Jahren bei dem Kölner Unternehmen tätig und hat einen Master of Engineering in Automatisierungstechnik.

Was ist das Geschäftsmodell von RBTX?

„Der RBTX Marktplatz bringt Anwender und Hersteller von kostengünstiger Robotik zusammen. Damit gibt es eine zentrale Vertriebsplattform für Low Cost Automation. Für die Hersteller hat das den Vorteil, dass sie einen weiteren Vertriebskanal für ihre Produkte aufbauen können. Am meisten profitiert allerdings der Kunde: Er muss sich nicht mehr zeitaufwendig auf die Suche begeben und die unterschiedlichen Robotik-Komponenten testen, Hardwareadaptionen konstruieren und Software schreiben. Denn er weiß, dass die Komponenten auf RBTX aufwendig miteinander getestet und bewährt sind.“

Das Youtube-Video zeigt ein Online-Seminar von RBTX zum Thema Lean Robotics

Wer ist die Zielgruppe des Marktplatzes?

Alexander Mühlens: „Unsere Zielgruppe sind Menschen, die nach Low Cost Automatisierungslösungen suchen. Entweder suchen sie einzelne Komponenten, die sie dann selbst zusammenbauen oder nach kompletten Systemen zwischen 12.500 und 45.000 Euro. Dabei spielt die Größe des Unternehmens keine Rolle, ein Betriebsmittelbau im Weltkonzern agiert ähnlich dem Fünf-Personen-Sondermaschinenbauer.“

Was der Chefkoch von der Automatisierung hält

Zur Vorbereitung von RBTX wurden mehr als 50 potenzielle Anwender aus verschiedenen Bereichen vom Chefkoch in der Gastronomie über den Sonder-Maschinenbau bis zum Handwerker am Bau angerufen und befragt. „Was bei diesen Interviews als zentrale Erkenntnis herausgekommen ist: Sie hatten in der Regel nur wenig Erfahrung in Sachen Automatisierung. Und sie befürchteten in der Regel ein Fass ohne Boden, was die Investitionen angeht. Unser zentraler Erkenntnisgewinn war auf der einen Seite, dass Automatisierung immer noch zu kompliziert ist, da die Kompatibilität meistens nur auf Hardwareebene erstellt ist, die Kompatibilität auf Softwareebene aber die wesentlich wichtigere ist. Auf der anderen Seite wünschten sich die Teilnehmer eine Kostendeckelung“, berichtet Alexander Mühlens von den Anfängen des Marktplatzes.

Daher gebe es auf RBTX eine Kompatibilitätsgarantie der Komponenten verschiedener Hersteller – von Greifern über Kamerasysteme bis zur Software – immer sowohl auf Software- wie auch auf Hardware-Ebene, erläutert Mühlens: „Und am Ende erhält der Interessent einen Live-Preis für sein System. Typische Lösungen mit eigener Integration starten ab 8.500 Euro, fertige Komplettlösungen ab 12.500 Euro."

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Was wird am meisten nachgefragt?

Die häufigsten Anwendungsfälle sind laut Alexander Mühlens Pick-and-Place-Anwendungen, etwa für Bandübergaben oder einfache Palettiervorgänge. Darüber hinaus werden auch Lösungen für Klebe- und Dispenser-Anwendungen häufig angefragt ebenso wie für die Qualitätskontrolle.

„Was uns wirklich überrascht hat: Wir hätten mit einer größeren Nachfrage nach Komplettlösungen gerechnet. Aber mehr als 75 % wollen selbst integrieren. Diese Kunden suchen nach einer Kompatibilitätsgarantie wie auch einem beratenden Gespräch mit nur einem Ansprechpartner. Ihr Automatisierungsprojekt möchten sie allerdings eigenständig als DIY-Projekt aufbauen.”

Was ist die große Besonderheit des Angebots?

An den Marktplatz angegliedert der RBTXpert Service, ein Online Remote Service, der Interessierte dabei unterstützt, die richtigen Komponenten für die Automatisierung auszuwählen – und ihnen abschließend ein Angebot mit Festpreis gibt. „Wir verringern damit sein Risiko“, so Mühlens. „Unsere Experten zeigen, welche Komponenten der Anwender benötigt, und am Ende gibt es ein Angebot mit Festpreis.“.

„Die Möglichkeit für Kunden, in einem Remote Video-Gespräch mit unseren Automatisierungsexperten ihre Anwendung zu besprechen, das ist das absolute Alleinstellungsmerkmal des Marktplatzes", stellt Mühlens fest. Das Angebot verbinde damit die Vorteile der digitalen Welt, wie Schnelligkeit, große Auswahl, niedrige Einstiegsbarrieren, mit der analogen Welt -  „dem Automatisierungsexperten, der mich an die Hand nimmt und mich berät. Wir begleiten dabei als Ansprechpartner Automatisierungsprojekte von der Anfrage bis zur Inbetriebnahme zusammen mit bald über 50 Partnerunternehmen in mittlerweile 8 Ländern”

Wie funktioniert RBTXpert konkret?

Alexander Mühlens: „Wir haben jetzt insgesamt 11 Standorte in Deutschland, wo wir den Service des RBTXperts anbieten. Das heißt, dass die Roboter- und Greifersortimente von uns dort vorhanden sind für das Ausprobieren einer Anwendung. An diesen Standorten gibt es RBTXperten mit besonderem Fachwissen, zum Beispiel zu speziellen Branchen oder besonderen Prozessen.”

Der RBTXpert ist seit kurzem neben Deutschland, Österreich, Großbritannien und Frankreich auch in den USA, Singapur, China und Indien mit Live-Preisen verfügbar. 14 weitere Länder sollen hinzukommen: „Überall dort arbeiten wir gerade an einer Customer Testing Area. Das sind Flächen mit Low Cost Robotern und weiterem Zubehör, um Anwendungen zu verproben und Kunden zu beraten.“

Welche weiteren Tools gibt es?

Es gibt zum Beispiel den my robot Konfigurator, der die Kompatibilität zwischen den einzelnen Bauteilen garantiert und einen Festpreis für die Lösung ausgibt. Die angezeigten Produkte lassen sich nach Parameter wie der Reichweite, der Nutzlast, oder der gewünschten Präzision filtern.

Darüber hinaus bietet RBTX eine große Palette an Videos, in denen von RBTX umgesetzte Anwendungsfälle demonstriert werden.

Screenshot des my robot Konfigurators auf dem Online-Robotik-Marktplatz RBTX
Im my robot Konfigurator lassen sich die Produkte nach wesentlichen Parametern filtern (Bild: Igus)

Was war der ungewöhnlichste Kundenwunsch?

„Deutschlands größte Regenwurmfarm ist für mich persönlich sicherlich eine der ungewöhnlichsten Automatisierungs-Anwendungen", erinnert sich Alexander Mühlens. Der Fütterungs- und Bewässerungsprozess wird dort mittels Portalrobotern, einem Förderband sowie einem fahrerlosen Transportfahrzeug ausgeführt. „Was uns überrascht hat, ist die große Nachfrage aus dem Bereich Vertical Farming bzw. generell in der Agrartechnik. Das hatten wir so nicht erwartet. Vor drei Jahren hätten wir uns nicht vorstellen können, dass hunderte von Robotern über die Felder fahren und zum Beispiel mit einem Laserstrahl das Unkraut beseitigen.”

Was ist alles im Angebot?

Aktuell (Stand April 2022) finden sich auf RBTX mehr als 100 Produkte. Die Hardware reicht von Roboterarmen über Endeffektoren bis zu Visionsystemen. Dazu kommen Steuerungen und Serviceangebote - bis hin zur Wunschfarbe des Robotersystems. Natürlich stehen dabei Komponenten von Igus im Vordergrund, vertreten sind aber auch andere namhafte Hersteller wie Epson, Fruitcore, Schmalz oder Schunk.

Neben den Komponenten finden sich auch Komplettangebote etwa für die Laborautomatisierung, Palettieranwendungen oder das Batterie-Handling.

Wie sieht die weitere Entwicklung in der Robotik aus?

Einen Riesentrend sieht Alexander Mühlens im Bereich von Robotik-Ökosystemen, dem Aufbau von Plattformen um den eigentlichen Roboter herum: „Derzeit arbeiten wir an einem Low Cost Robotik Universum mit AppStore, neuen Business-Modellen und einer eigenen Community.”

Demtensprechend gilt das Ziel von RBTX, die Hürden für den Einstieg in die Robotik zu senken, nicht nur für die Hard- sondern auch für die Software. „Eine einfache Inbetriebnahme und Steuerung ist gerade im Low Cost Automation Bereich besonders wichtig", so Alexander Mühlens. Dafür habe man die Igus Robot Control entwickelt: „Die meisten Erstanwender bekommen ihre eigenen Programme bereits nach 5-10 Minuten programmiert. Gleichzeitig wollen wir dieses Prinzip auch für andere Hersteller weiterentwickeln. Daher arbeiten wir derzeit an einer AnyApp, über die sich viele verschiedene Roboter unterschiedlichster Hersteller ansteuern und integrieren lassen."

Das letzte Wort

Alexander Mühlens: „Wir versuchen, uns noch stärker an der jeweiligen Anwendung des Kunden zu orientieren. In Kürze wird es beispielsweise auf der Webseite einen Einstieg nur für Kunden geben, die nach Klebeanwendungen suchen. Denn Interessierte suchen nicht nach Robotern, sondern nach Anwendungen.“

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