Roboterarm beim Bearbeiten von Metallblöcken

Viele Mitarbeiter in der Produktion empfinden eine stärkere Automatisierung in der Fertigung als längst überfällig, ergab eine repräsentative Umfrage im Auftrag von Fruitcore Robotics. (Bild: Fruitcore Robotics)

Worum geht es in der Umfrage?

Patrick Heimburger, Mitgründer und Chief Revenue Officer von Fruitcore Robotics
Patrick Heimburger, Mitgründer und Chief Revenue Officer von Fruitcore Robotics (Bild: Fruitcore Robotics)

Fast die Hälfte der deutschen Mittelständler (46 %) plant, sich Roboter ins Haus zu holen, 14 % haben sogar schon welche im Einsatz. Das geht aus einer Umfrage hervor, die das Marktforschungsinstitut Sapio Research im Auftrag von Fruitcore Robotics durchgeführt hat. 1.005 Fach- und Führungskräfte aus Deutschland und 500 aus Italien nahmen an der Studie teil. Die Auswahl fokussierte sich auf Mitarbeiter, die nicht vorwiegend im Büro arbeiten, sondern vor allem manuelle Tätigkeiten verrichten oder manuelle Arbeit planen und/oder beaufsichtigen.

Die Motivation, diese Umfrage durchzuführen, erläuterte Fruitcore-Mitgründer Patrick Heimburger so gegenüber Kollege Roboter: “Wir sind ja noch ein sehr junges Unternehmen und haben mit dem Roboter Horst auch einen grundlegend anderen Roboter im Portfolio, als man sie aus der Großindustrie kennt. Deswegen war es uns wichtig, mit der Umfrage herauszufinden, wo unsere potenziellen Kunden eigentlich stehen.”  

Was sind die wesentlichen Ergebnisse der Umfrage?

Die Umfrage zeigt, dass bei vielen Beschäftigten in der mittelständischen Fertigung die Grundhaltung zu einer Roboter-basierten Automatisierung grundsätzlich positiv ist. Fach- und Führungskräfte verbinden mit der möglichen Einführung von Robotern Hoffnungen für den Betrieb sowie den eigenen Arbeitsplatz:

  • Bislang hätten vor allem Bürojobs von der Digitalisierung profitiert, so die Mehrheit der Befragten (63 %), nun sei es „höchste Zeit“, dass auch die eigene Abteilung priorisiert würde (66 %).
  • Prozesse in Unternehmen könnten mit Robotern schneller ablaufen (65 %), die Produktivität (62 %) und Qualität (61 %) würden sich erhöhen.
  • Roboter würden einen Wettbewerbsvorteil darstellen (60 %) und vielleicht auch eine Lösung für das Problem des Fachkräftemangels (57 %).
  • Letzteres ist immer noch immens, drei Viertel (74 %) der Befragten gaben an, dass ihre Betriebe nur schwer oder nur nach sehr langer Zeit qualifizierte Kräfte finden würden.
  • Zudem könnten Roboter die Arbeitsumgebung sicherer machen (62 %) und Beschäftigte von repetitiven (63 %) und unergonomischen (59 %) Aufgaben befreien.
  • Fast ein Drittel der Befragten sagt, ihr Job würde interessanter werden (27 %) und sie würden Stolz empfinden, mit High Tech zu arbeiten (26 %).

Produktionsmitarbeiter fühlen sich digital benachteiligt

Bei der Umfrage lag der Anteil der Produktionsverantwortlichen unter den Befragten in Deutschland bei mehr als 30 %. Patrick Heimburger, der auch Chief Revenue Officer von Fruitcore Robotics ist, sieht darin aber keine unzulässige Verzerrung der Robotik-Wahrnehmung ins Positive: “Für uns ist wichtig, dass wir beide Meinungen kennen: die des Arbeiters, der mit dem Roboter direkt agiert, und die des Produktionsleiters. Und die Umfrage zeigt, dass beide Gruppen das Gefühl haben, sie wurden bisher bei der Digitalisierung vernachlässigt.”

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Wie lassen sich die Vorteile am besten realisieren?

Um die erhofften Vorteile zu realisieren, sollten Mittelständler das Potenzial der Robotik voll ausschöpfen. Laut der befragten Produktionsverantwortlichen hat das rund ein Drittel der Betriebe  auch vor:

  • 33 % würden die Roboter-Daten auswerten, um Leistung und Langlebigkeit zu verbessern.
  • 31 % würden sie mit der Cloud verbinden, um immer mit den aktuellen Updates zu arbeiten (28 % würden das aus Sicherheitsbedenken nicht tun).
  • Mehr als ein Viertel (28 %) nimmt sich zudem vor, auch die Möglichkeiten der Künstlichen Intelligenz im Zusammenhang mit Robotern zu erforschen.

Robotik als Treiber der Digitalisierung im Mittelstand

Laut einer kürzlich veröffentlichten internationalen Studie des Beratungshauses PwC setzen Unternehmen hierzulande Technologie bisher noch unterdurchschnittlich häufig ein (18 %  gegenüber 26 % weltweit, um die Fachkräftelücke zu schließen. Nach den Erfahrungen von Fruitcore-Mitgründer sei allerdings auch in Deutschland ein Wandel wahrnembar:  "Zum Beispiel verbauen wir in den Robotern SIM-Karten zur Konnektivität mit der Cloud. Das wird heute sehr positiv gesehen, weil dadurch auch Condition Monitoring möglich wird. Vor zwei, drei Jahren war da noch viel Skepsis bei den Kunden.”

Heimburger sieht den Einsatz moderner digitaler Robotik nicht zwingend als Endergebnis der Digitalisierung in einem Unternehmen - er könne ganz im Gegenteil auch der Ausgangspunkt sein: “Die Roboter sind mit Sensoren und mit SIM-Karten ausgestattet. So können sie mit unserer IIoT-Plattform kommunizieren und die Anwender können auf diesem Weg visualisieren, was in ihrer Fertigung eigentlich passiert. Im nächsten Schritt lässt sich mit den Schnittstellen, die wir anbieten, auch ein MES- oder ERP-System anbinden. Viele von den Unternehmen, die wir mit Horst automatisieren, haben noch keine vollständige Vernetzung im Betrieb, machen mit uns aber den ersten Schritt in diese Richtung.”  

Welche Befürchtungen haben die Mitarbeiter in Bezug auf Roboter?

Den neuen Roboterkollegen sehen nicht alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit positiven Gefühlen entgegen:

  • Ein Fünftel gab an, sich im Falle einer Einführung überflüssig zu fühlen, 15 % „überfordert“.
  • 13 % hätten schlicht Angst vor den Neuerungen.
  • Produktionsleiterverantwortliche gaben zudem an, die Komplexität bei der Arbeit mit Robotern zu fürchten (24 %).

Natürlich gebe es bei vielen Beschäftigten auch Besorgnisse, räumt Patrick Heimburger ein: "Was passiert nun mit meinem Arbeitsplatz? Hier ist es wichtig, die Beschäftigten bei der Planung mitzunehmen, und ihnen durch Qualifikationsmaßnahmen Sicherheit zu geben."  Das sei auch ein Punkt, an dem man als Hersteller mit einer Online-Academy ansetze. "Mithilfe von Videos lässt sich dort die Programmierung der Roboter in kurzer Zeit lernen - nach unseren Erfahrungswerten reichen dafür vier Stunden aus. So kann man spielerisch den Umgang mit der Technik lernen und Menschen so die Angst davor nehmen.”

Wie lassen sich die Bedenken abmildern?

Begleitmaßnahmen können den Wandel erleichtern:

  • Am wichtigsten sind den Befragten Trainings und Upskilling-Programme, die sie für die Arbeit mit Robotern befähigen (34 %).
  • Fast ein Drittel (32 %) sagt, dass keine Beschäftigten ausschließlich mit Robotern arbeiten sollte.
  • Viele wünschen eine Mitsprache, welche Aufgaben an Roboter übergeben werden, und welche nicht (29 %).
  • Etwa ein Drittel (27 %) gab an, durch die Arbeit mit Robotern mehr Zeit für höherwertige Aufgaben zu haben – und wünscht sich dementsprechend eine gute Planung, welche neuen Aufgaben auf sie zukommen werden.
  • Fach- und Führungskräfte in Firmen, die schon Roboter im Einsatz haben, weisen überdurchschnittlich oft darauf hin, dass auch die klare Aussicht auf Gehaltssprünge bei der Übernahme qualitativ höherwertiger Aufgaben (35 % vs 28 % Durchschnitt) oder die Aussicht auf eine Vier-Tage-Woche (37 % vs 29 % Durchschnitt) attraktive Begleitmaßnahmen sein können.
  • Schulen und Bildungseinrichtungen sollten Programme anbieten, um die Gesellschaft besser auf eine Roboterautomatisierung vorzubereiten, sagen 41 % der Befragten.
  • Mehr als ein Drittel (37 %) wünscht sich Anreize für Privatunternehmen, eine bessere Ausbildung für den Wandel anzubieten.
  • Genau ein Drittel würde sich besser fühlen, gäbe es ein bedingungsloses Grundeinkommen als „Sicherheitsnetz“.
  • Ein Viertel hält eine Robotersteuer für eine gute Idee, die gegebenenfalls reduzierte Einkommenssteuerbeiträge kompensieren könnte.  

Trotz dieser gesamtgesellschaftlichen Anforderungen hält Fruitcore-CRO Heimburger die Politik in Sachen Roboter-Automatisierung nicht auf der Höhe der Zeit: “Ich glaube, dass das Thema Robotik-Automatisierung von der Politik noch sehr unterschätzt wird, obwohl die Auswirkungen sehr groß sein werden. Wenn man sich ansieht, was in Dänemark in Form des Robotik-Clusters in Odense gemacht wurde, dann könnte in Deutschland auch viel mehr passieren - die Unternehmen dafür wären vorhanden.“

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