Zeichnung zeigt Roboter und Geschäftsmann, die mit Bierflaschen anstoßen

Wenn sich Mensch und Roboter beim Bier treffen - die Realität in Brauereien sieht natürlich anders aus, aber dennoch: In der Braukunst werden viele traditionelle Methoden durch moderne Automatisierungstechnologien erfolgreich ergänzt. (Bild: Adobe Stocks / studiostoks)

Bierbrauen ist ein Jahrhunderte-altes Handwerk. Von Nostalgie ist höchstens noch an den Stammtischen der Braustuben die Rede. Längst ergänzen Maschinen die starken Armen der Bierbrauer. Das flüssige Gold muss schnell fließen, denn der Durst der Deutschen ist in der Corona-Pandemie weiterhin groß. Zwar ist der Pro-Kopf-Verbrauch 2021 um 2,7 Prozent gesunken, er rangiert im globalen Vergleich mit 92,4 Litern im Jahr dennoch im oberen Drittel.

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Welche Arbeiten erledigen Roboter in Brauereien?

Um die Qualitätsansprüche an ihr Bier zu erfüllen, setzen Brauereien auf die Symbiose aus Soft- und Hard-Skills. Neben traditioneller Braukunst, die Handwerk und Liebe zum Detail suggerieren soll, nutzen Brauer auch modernste Hilfsmittel für Produktion und Logistik ihres Biers.

Zum Einsatz kommen dabei vor allem Roboter, die sich in mittelständischen und großen Industrieunternehmen bereits bewährt haben. So unterstützt zum Beispiel der 6-achsige Palettierroboter R-2000iC/210L von Fanuc Braumeister Fergus Fitzgerald und sein Team bei der britischen Brauerei Adnams. Adnams wurde 1872 in Southwold gegründet und produziert heute am gleichen Standort rund 100.000 Fässer Bier im Jahr. Auch hier erwuchs aus einem traditionellen Handwerk eine automatisierte End-of-Line-Automatisierung.

Bei einer Traglast von 210 Kilogramm verarbeitet der Fanuc Palettierroboter 250 bis 300 Fässer pro Stunde. Er beansprucht eine Arbeitsfläche von 771 auf 610 Millimeter. Bei einer Reichweite von 3100 Millimetern arbeitet er in engen Arbeitsumgebungen sicher. Dank seiner Schutzart IP54 ist er zudem von Bierresten geschützt, die bei der Fassabfüllung anfallen.

In den USA ist seit den Nuller-Jahren eine neue Bierkultur entstanden, die mittlerweile auch hierzulande große Beliebtheit erfährt: Craft-Biere. Zunächst brauten Freunde, Nachbarn oder experimentierfreudige Bierliebhaber in Hinterhöfen ihr eigenes Bier. Aus dieser Nische entwickelte sich schnell eine ganze Industrie. Craft-Biere gibt es mittlerweile in jedem gut sortierten Getränkemarkt. Um der steigenden Nachfrage gerecht zu werden, setzen große Craft-Brauer auf moderne Robotik. So entschied sich die Craft Brew Alliance (CBA), zu der auch die Brauerei Widmer aus Portland (US-Bundesstaat Oregon) gehört, für einen Palettierroboter made by Kuka. Ein 6-achsiger Palettierer aus der KR Quantec Serie entlädt in der Biermanufaktur die Bierkisten.

Da ein konventioneller Depalettierer wegen der geringen Deckenhöhe bei der Anlagenmodernisierung konzeptionell ausgeschlossen wurde, entschieden sich die Bierbrauer aus Portland auf eine roboterbasierte Lösung des Kuka Systempartners Midwest Engineered Systems. Den US-Amerikanern war dabei wichtig, dass der Roboter trotz eines bestehenden Trägers die oberen Lagen der ankommenden Palettenladung unter diesem hindurch bewegt. So fiel die Wahl von Widmer Brewing auf den Palettierroboter KR 270 R2700 ultra. Dank seiner sechs Achsen umgeht er den Deckträger problemlos und entlädt so die zu voller Höhe beladenen Paletten.

Wie setzen deutsche Brauereien Robotertechnik ein?

Im Sauerland ist die Traditionsbrauerei Westheimer bereits vor fünf Jahren auf einen Palettierroboter von Kawasaki Robotics aufmerksam geworden. Nach der erfolgreichen Automatisierung des Palettierungsvorgangs, gingen die Entscheider einen Schritt weiter und automatisierten die gesamte Flaschenproduktion. So erledigen die Roboter von Kawasaki das Leergut-Management sowie das Befüllen der Flaschen. „Bereits in den 1990er Jahren gab es mit der Einführung einer SPS erste Gehversuche in Sachen Automatisierung bei Westheimer,“ so Thomas Juckenath, technischer Leiter bei der Brauerei Westheimer. „Besonders praktisch: Die damals gewählten Mod BUS Systeme funktionieren einwandfrei mit Kawasaki-Robotern. Das damals erstellte Grundprogramm stellt seitdem die Basis für sämtliche Automatisierung dar und wird ständig weiterentwickelt.“

Der Mehrwert der Roboteranlage offenbarte sich früh: Musste die Palettieranlage früher schrittweise heruntergefahren werden, wurde die Palette manuell beladen und anschließend abtransportiert – ein getrennter Vorgang für volle und leere Kästen. Jetzt ist der verantwortliche Mitarbeiter körperlich deutlich entlastet und fährt vornehmlich nur noch den Gabelstapler. Sowohl die Vollgut- als auch Leergutkästen laufen über ein Band herunter, werden automatisiert ins Lagebild geschoben und vom Roboter so auf die Palette gelegt. Besonders vorteilhaft ist, dass viel mehr Kästen gleichzeitig unterwegs sind. Sie müssen durch die optimale Auslastung nicht mehr abseits abgestellt werden.

Die Modernisierung der gesamten Flaschenproduktion erfolgte mit zwei weiteren Kawasaki-Robotern vom Typ BX200L. Beide sind für das zentrale Ein- und Auspacken der Flaschen verantwortlich. Alle relevanten Maschinen haben ihre Position nicht ändern müssen. Die Roboter benötigen nur eine kleine Grundfläche. Zusätzlich mussten die Westheimer Bierprofis lediglich obligatorische Sicherheitszäune und neue Bändereinstellungen einrichten.

Warum machen Roboter die Brauerei ökonomisch zukunftsfähig?

Der Biermarkt hat sich in den vergangenen Jahren stark verändert: „Früher war es eine Sorte Bier – in kleinen und großen Flaschen. Heute haben wir mehrere Eigenmarken, Limonade und weitere Getränke und produzieren für anderen Firmen. Kurzum: Es gibt eine unglaubliche Vielfalt. Unsere Mannschaft und Produktionsanlagen werden deutlich mehr gefordert als früher“, wie Braumeister Jörg Tolzmann betont. Die neue robotergestützte Produktion macht die Westheimer hierbei deutlich flexibler: So nimmt der Kawasaki Robotics BX200L in der Einpackstation Formteile selbstständig auf und stellt somit in kürzester Zeit und ohne Aufwand auf neue Sorten um. Ein Effizienzvorteil, denn die Mitarbeiter müssen die Anlage nicht mehr selbst umstellen.

Was können Roboter noch mit Bier machen?

Neben der Automatisierung in der Produktion und Logistik, helfen Roboter auch beim Ausschank. Der Bier-Roboter von SP Engineering und Beratung e. K. sorgt immer für ein perfekt gezapftes Bier. Bis zu 1.500 Biere pro Stunde kann der Roboter automatisiert zapfen. Die automatische Bierzapfanlage “Bier-Cobot” feierte bereits 2019 bei einem Stadtfest Premiere. Der Erlös wurde damals dem örtlichen Kindergarten gespendet.

Auch ein Cobot von Kuka wurde schon darauf programmiert, perfekt ein Weizenbier einzuschenken - durchaus keine triviale Aufgabe, wie das folgende Video zeigt:

Die international erfolgreiche Heineken Brauerei hat derweil einen eigenen autonomen Bier-Roboter entwickelt: den B.O.T. (englisch für “beer-out-transporter”). Um auf seiner Mission gegen die “Unterhopfung” der Verbraucher keinen Schaden zu nehmen, ist der B.O.T. mit einem lasergestützten Abstands- und Geschwindigkeitsmesser ausgestattet. Dank künstliche Intelligenz (KI) verarbeitet das System des Bier-Roboters alle Information der Sensoren schnell und steuert den automatisieren Biertransporter entsprechend. Daneben verleiht die KI dem Roboter auch eine Stimme. Er fragt dann nach, ob es noch ein kühles Bier sein darf… Kollegeroboter.de sagt: Prost!

Die Grundlagen zum Thema Robotik

Mit dem Thema kollaborative und Low-Cost-Robotik kommen auf Mittelstand und Handwerksbetriebe ganz neue Fragestellungen zu. Im folgenden finden Sie die wichtigsten Grundlagen verständlich erklärt:

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