Beim Modellbau-Betrieb werk5 kommt ein kollaborierender Roboter bei der Produktion von unikaten zum Einsatz.

Beim Modellbauer werk5 aus Berlin kommt ein kollaborierender Roboter (Cobot) bei der Produktion von Unikaten zum Einsatz. Für die einfache Programmierung hat der Handwerksbetrieb eine eigene Lösung entwickelt, die nun auch an andere Handwerker weitergegeben wird. (Bild: werk5)

Wenn sich Handwerker oder Mittelständler Gedanken über Robotik machen, bekommen sie beim Thema 'Programmierung' oft Bauchschmerzen. Einen Programmierer beschäftigt man schließlich nicht im Unternehmen und so fehlt logischerweise das nötige Wissen für die Roboter-Programmierung.

Doch Halt, so ist es gar nicht! Denn Roboter und speziell Cobots - also die Blechkollegen, die ohne Schutzzaun mit dem Menschen zusammenarbeiten dürfen - glänzen heute mit ihrer leichten Bedienbarkeit. Das Lernen funktioniert dadurch schnell und intuitiv und es macht Spaß, sich in die neue Aufgabe einzuarbeiten. In diesem Beitrag lesen Sie, wie man Roboter auch ohne Experten-Know-how intuitiv programmiert und was das Ganze grundsätzlich spielerischer und einfacher macht.

Der Ursprung: klassisches Roboter-Programmieren

Klassische große Industrieroboter kommen von Herstellern wie ABB, Fanuc, Kuka oder Yaskawa und sind typischerweise in der hochautomatisierten Massenfertigung etwa in der Automobilproduktion im Einsatz. Damit sie wissen, wie und wohin sie sich bewegen sollen, finden sie sich über ein dreidimensionales Koordinatensystem mit X-Achse, Y-Achse und Z-Achse zurecht.

Um eine Aufgabe erfüllen zu können, benötigt der Roboter das passende Programm. Über diese Anweisungen erfährt er zum Beispiel, wo Start-, Ziel- und Zwischenpunkte liegen oder was er an den jeweiligen Punkten zu tun hat - zum Beispiel die Aktion "Greifer öffnen". Dem Roboter muss das alles in seiner Programmiersprache mitgeteilt werden.

Ein Roboter benötigt also über das Programm die Information,

  • welchen Punkt er wann anfahren soll,
  • wie schnell er zum nächsten Punkt fahren soll,
  • mit welcher Genauigkeit er die Punkte anfahren soll,
  • wie die Bewegung zwischen den Punkten aussehen soll und
  • was er mit seinem Werkzeug an den verschiedenen Punkten erledigen soll.

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Je nach Komplexität der Anwendung kann man das Programm über ein Teach-Panel (Handprogrammiergerät) erstellen oder am Computer im Rahmen einer Offline-Programmierung ausarbeiten. Im nächsten Schritt wird dann das fertige Programm auf den Roboter aufgespielt. In großen Betrieben in der Industrie werden solche Programme von Roboter-Programmierern geschrieben, die in der jeweiligen Roboter-Programmiersprache erfahren sind. Zu den wichtigsten Programmiersprachen für Roboter zählen zum einen klassische allgemeine Programmiersprachen wie C/C++ oder Python, zum anderen Hersteller-spezifische Sprachen wie Karel (Fanuc), KRL (Kuka), Inform (Yaskawa) oder RAPID (ABB).

Mit ein wenig technischem Verständnis und genügend Zeit können sich aber auch Robotik-Laien einarbeiten. Das zeigt das Beispiel der Tischlerei Eigenstetter aus Rehna, die einen klassischen Kuka-Roboter zur Produktion von maßgeschneiderten Treppen und Möbeln nutzt. 

"Für mich war das Programmieren technisch komplett Neuland", berichtet der dort arbeitende Tischler Gunnar Mai und fährt fort, "wir haben im Team viel ausprobiert und es hat eine Weile gedauert aber wir haben es durchgezogen." Wie die Tischlerei heute mit dem Roboter zurechtkommt und warum er dem Betrieb neue Aufträge beschert, lesen Sie hier.

Video: Industrieroboter programmieren lernen

Unser Kollege Wolfgang Kräußlich berichtet in seinem Youtube-Kanal 'Next Robotics' über Tipps und Tricks, News, Tutorials und Tests rund um das Thema Roboter. In diesem Video erfahren Sie Alles rund um die Grundlagen der Roboterprogrammierung.

Die Alternative: wie man einen Cobot programmiert

Seit einigen Jahren sind die sogenannten Cobots auf dem Markt. Aufgrund ihres geringen Gewichts und spezieller Bauweise können diese Roboter auch in Kollaboration mit Menschen zum Einsatz kommen. Der Pionier auf diesem Gebiet ist Universal Robots aus Dänemark, es gibt aber mittlerweile viele andere Hersteller. Darunter sind mittlerweile alle großen Hersteller wie Kuka, Yaskawa oder Fanuc, aber auch viele auf Cobots spezialisierte Unternehmen wie Fruitcore, OnRobot oder Igus.

Grundsätzlich funktionieren die kollaborativ arbeitenden Cobots genauso wie klassische Industrieroboter. Ihre Position wird ebenfalls über ein dreidimensionales Koordinatensystem erkannt. Und auch ein Cobot benötigt ein passendes Programm, um eine Aufgabe abarbeiten zu können.

Der Unterschied liegt jedoch in der Programmierweise. Denn Cobots können auf der einen Seite per Hand zu einem Punkt geführt werden, den sie später anfahren sollen - das sogenannte Hand-Teaching. Auf der anderen Seite können sie ganz einfach grafisch programmiert werden mit Pfeilfunktionen ähnlich wie bei der Fernsteuerung eines Spielzeug-Autos für ein Kind oder der grafischen Kombination von Funktionsblöcken. Nur funktioniert es viel genauer als beim Spielzeug.

Weiterhin gibt es vorgefertigte Apps und Programme für typische Applikationen, die per Drag and Drop einfach ausgewählt werden. Das Programmieren von Cobots ist somit auch für absolute Laien in wenigen Stunden erlernbar. Das versprechen zum einen die Cobot-Hersteller, die wir in dieser Liste zusammengefasst haben. Manche Hersteller bieten auch die Möglichkeit, online zu erlernen, wie sich der jeweilige Cobot bedienen lässt.

Aber auch der Praxistest hält den Versprechen stand. "Das Programmieren ist recht einfach", erzählt Karl-Friedrich Wiesemann, der in seiner Schlosserei einen Cobot zum Schweißen nutzt. Die ganze Story dazu und warum der Handwerker auf Robotik setzt, lesen Sie hier.

Mit dem Tracepen von Wandelbots lassen sich Roboter spielend leicht programmieren
Das Startup Wandelbots aus Dresden hat einen digitalen Stift auf den Markt gebracht, mit dem sich Roboter ohne spezifisches Know-how programmieren lassen. - (Bild: Wandelbots)

Auch das Unternehmen Wandelbots aus Dresden hat sich zum Ziel gesetzt, die Programmierung von Robotern zu vereinfachen. Dazu hat das Start-up den Tracepen auf den Markt gebracht. Mit diesem drahtlosen, digitalen Stift führt der Anwender dem Roboter den zu erlernenden Weg einfach direkt am Werkstück vor. Diese Bewegung wird durch die Software von Wandelbots nahezu zeitgleich in der zum Produkt gehörigen App visualisiert. Der Nutzer kann den Pfad dann am iPad weiter verfeinern.

Über 70 Prozent der durchschnittlichen Betriebskosten eines Roboters entfallen laut Wandelbots auf Software und Programmierung. "Dieser Kostenblock wird durch den Tracepen dramatisch reduziert und damit kleinen und mittelständischen Unternehmen der Zugang zur Automatisierung via Robotern zugänglich und erschwinglich gemacht", berichtet der Chief of Staff Martin Wanitschke.

Dazu komme, dass es für die Verwendung des Tracepen keine Erfahrung in der Automatisierung und Robotik braucht. Der ideale Anwender des Werkzeugs sei derjenige, der den Prozessschritt am besten kennt. Es dauert zwar laut Wandelbots nicht immer gleich lang, dem Blechkollegen eine bestimmte Aufgabe beizubringen, fünf Minuten seien aber ein guter Richtwert.

Viele Wege führen ans Ziel bei der Programmierung

Nach Meinung des Kieler Professors Bernd Finkemeyer wird es mittelfristig eine multimodale Interaktion mit den Nutzern geben: Das werde von der grafischen Eingabe über Gesten und Sprache bis hin zu Augmented Reality reichen, so Finkemeyer, der das Projekt Robotics Out Of The Box leitet.

Die Grundlagen zum Thema Robotik

Mit dem Thema kollaborative und Low-Cost-Robotik kommen auf Mittelstand und Handwerksbetriebe ganz neue Fragestellungen zu. Im folgenden finden Sie die wichtigsten Grundlagen verständlich erklärt:

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Der Ausblick: das Programmieren überflüssig machen

Mit dem sogenannten Imitation Learning will das Fraunhofer IPA die Roboterprogrammierung überflüssig machen
Das Fraunhofer-Institut IPA in Stuttgart möchte Roboter selbstständig machen. sie sollen in Zukunft selbst wissen, was zu tun ist. - (Bild: Fraunhofer IPA)

Noch einfacher wäre es, wenn man den Cobot überhaupt nicht mehr programmieren müsste und er selbst erkennt, was zu tun ist. Genau dieses Projekt hat sich das Fraunhofer Institut IPA in Stuttgart vorgenommen und forscht aktuell daran.

Die Wissenschaftler in der Software-Entwicklung arbeiten hier am sogenannten 'Imitation Learning', bei dem der Mensch den gewünschten Prozess zunächst manuell ausführt. Die Bewegung und die Interaktionskräfte des Menschen werden aufgenommen und anschließend mit Hilfe künstlicher Intelligenz in ein Roboterprogramm umgerechnet.

Ein weiterer Ansatz der Forscher ist es, den Roboter zu befähigen, seine Umgebung selbst zu erkunden. Daraus leitet die Maschine dann ebenfalls selbstständig ab, welche Aufgabe sie zu erledigen hat. Ziel ist es, ein selbst lernendes und flexibel einsetzbares cyberphysisches Robotersystem zu erschaffen.

Für Roboter ist das aber nicht so einfach, schon durch ihr andere “Anatomie” - der Mensch hat fünf Finger, ein Greifer meist nur zwei oder drei. Einen wichtigen Schritt in diese Richtung haben Robotik-Experten bei Google aber jetzt geschafft. Dem Roboter wurde beigebracht, statt einzelner Bewegungsabläufe eines Menschen das Endergebnis des Prozesses zu erfassen und dann selbsttätig in jene Einzelaktionen umzusetzen, die seinen Möglichkeiten entsprechen - unter anderem durch Versuch und Irrtum: Wenn Roboter die Grenzen ihres Körpers überwinden.

 

Wie die Roboterprogrammierung leichter fällt

Roboterprogrammierung war urprünglich ein Thema nur für hochqualifizierte Experten. Mit der Ausbreitung von kollaborativen- und Leichtbau-Robotern sinken die Hürden für die Roboterprogrammierung immer weiter und werden breiteren Gruppen etwa in Handwerk und Mittelstand zugänglich. Einige Beispiele, wie sich der Einstieg ins Programmieren von Robotern schaffen lässt:

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