Roboter bearbeitet Holz in Roboterzelle

Im Projekt Sirowo erprobt das ISW VR-Anwendungen an einer Roboterzelle mit automatisierter Werkstückaufspannung für die zerspanende Holzbearbeitung. (Bild: ISW Universität Stuttgart)

Während große Unternehmen der Holzbearbeitung sich traditionell vorwiegend auf die kostengünstige Massenfertigung von einheitlichen Produkten spezialisieren, setzen kleine Handwerksbetriebe und KMU der Holzbranche seit jeher eher auf individualisierte Produkte mit kleinen Losgrößen. Diese Marktverteilung hebt der wachsende Trend nach Produktindividualität zunehmend auf: Auch Großunternehmen produzieren immer kundenindividueller - was kleine und mittlere Unternehmen natürlich unter Konkurrenz-Druck setzt. Um konkurrenzfähig zu bleiben, müssen KMU dem zunehmenden Wettbewerb mit einer höheren Produktivität begegnen. Dies lässt sich durch eine Steigerung der Automatisierung erreichen. Wie eine solche Automatisierung der Produktion für Handwerksbetriebe und KMU kostengünstig, einfach und platzsparend mit einem Roboter funktioniert, untersucht das Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität Stuttgart in seinem Projekt "Sirowo - Simplified Robotic Woodwork". Die wichtigsten Details zum Projekt und wie Sie davon profitieren lesen Sie hier.

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Automatische Holzbearbeitung: Welche Maschinen machen Sinn?

Sonderfertigungen erfordern oft komplexe Geometrien. Im Falle eines Bearbeitungszentrums (BAZ) sorgt dies für einen hohen Programmier- und Rüstaufwand. Hinzu kommt, dass ein BAZ schlicht teuer und auch nur dann rentabel für Unternehmen ist, wenn es in hoher Auslastung genutzt wird. Teure Sondermaschinen in der Holzbearbeitung benötigen außerdem viel Platz und Energie - zu nennen sind hier beispielsweise: Abrichthobel-Maschinen, Band- und Kreissägen oder Kantenanleimgeräte. Diese Umstände führen dazu, dass vor allem KMU nur selten in größere Maschinenparks investieren. Stattdessen finden die meisten Prozesse in diesen Unternehmen manuell statt - die Rede ist hier vor allem von körperlich schweren und sich wiederholenden Tätigkeiten für den Mensch. Die Folge sind gesundheitsschädliche Körperhaltungen und hohe Staub- und Lärmbelastungen - und das über Jahre.

Robotik in der Holzbearbeitung: vom Tischler zum Programmierer. Quelle: next Robotics

Die Automatisierung mit einem Roboter kann hier eine wirtschaftliche und auch gesündere Alternative sein. Zur Handhabung von Werkstücken und zur Fräsbearbeitung mit Robotern stehen bereits zahlreiche Planungs-Werkzeuge zur Verfügung. Denn: Ein Industrieroboter kann verschiedene Werkzeuge führen und so müssen Handwerksbetriebe und KMU statt in viele Sondermaschinen oft nur in einen einzigen Roboter investieren.

Neben der Steigerung der Flexibilität und Produktivität kann der Roboter-Einsatz außerdem wesentlich zur Belastungsreduktion des Menschen - zum Beispiel durch Staub, Lärm oder Vibrationen - und somit zur Verbesserung der Qualität am automatisierten Arbeitsplatz beitragen. Die Einstiegshürde: Oft wird der wirtschaftliche Einsatz eines Roboters mit speziellem Industrieroboter-Fachwissen verbunden. Bestehende CAD- oder CAM-Systeme sind außerdem oft nicht auf typische Roboter-Werkzeuge für die Holzbearbeitung ausgelegt. Gerade am Anfang fürchten viele KMU und Handwerksbetriebe deshalb einen hohen Zeit- und Programmieraufwand für die Automatisierung.

Automatisierung: So soll die Integration eines Roboters gelingen

Genau an dieser Problematik setzt das Projekt Sirowo - Simplified Robotic Woodwork an. Um die Programmierung von flexiblen Roboter-Systemen zu vereinfachen, haben sich in dem Projekt ein Konsortium von Tischlereien, Automatisierungs- und Roboter-Diensleistern, Komponenten-Herstellern und Forschern zusammengeschlossen. Hierzu arbeiten die Projektpartner speziell an der Entwicklung von Automatisierungs-Lösungen für die Holzbearbeitung. Im Fokus steht eine Programmier-Umgebung, die sich eng an den Anforderungen einer Werkstatt orientiert und sich vom Menschen einfach und intuitiv bedienen lässt.

Für eine optimale Roboter-Integration müssen alle relevanten Produkt- und Prozess-Informationen erst einmal entlang der gesamten Prozess-Kette bereitgestellt werden. Dafür benötigen KMU entsprechende Schnittstellen und eine einheitliche Digital-Infrastruktur.

Im bisherigen Verlauf des Automatisierungs-Projekts integrierten die Partner deshalb folgende Technologien in die Roboter-Zelle:

  • eine automatisierte Werkstückaufspannung, die sich selbstständig an verschiedenste Bauteilkonturen anpassen und mit dem Holzbearbeitungs-Vorgang synchronisieren kann,
  • eine adaptive Absauganlage,
  • eine optische 3D-Messtechnik für die Erkennung der genauen Bauteilposition
  • und darauf aufbauend eine Anpassung der Produktions-Planung an die gemessene Bauteil-Position.

Um Bedienern auch Einblicke in den automatisierten Fertigungsprozess zu geben und die Einfachheit der Bedienung zu steigern, kommen im Projekt Sirowo unter anderem Automatisierungs-Methoden der Virtual Reality (VR) und Augmented Reality (AR) zum Einsatz. Das größte Potenzial von AR und VR in KMU stellt eine realitätsnahe Interaktion mit der virtuellen Maschine dar. Während auch erfahrene Roboter-Bediener diese Automatisierungs-Möglichkeit nutzen, profitieren vor allem neue Bediener davon, den Einlernprozess gefahrlos an einem virtuellen Roboter-Modell durchführen zu können.

Wie funktioniert Roboter-Programmierung mit Augmented Reality?

Roboter programmieren mit AR
Ein Beispiel für den Einsatz von AR bei Robotern ist der Robot Studio AR Viewer von ABB: Die Visualisierung auf dem Smartphone oder Tablet zeigt einfach und schnell auf, wie sich Roboter in bestehende Prozesse und Anlagen integrieren lassen. (Bild: ABB)

Im Gegensatz zu VR, bei der ein Nutzer vollständig in eine virtuelle Welt eintaucht und dabei die physische Realität ausgeblendet wird, wird bei Augmented Reality die physische Realität weiterhin wahrgenommen. Diese wird jedoch um virtuelle Elemente ergänzt, wodurch der Nutzer eine erweiterte Realität wahrnimmt. Mit Hilfe von AR können Anwender einzelne Roboter sowie komplette Robotersysteme in einer virtuellen Umgebung konzipieren, konfigurieren und in Betrieb nehmen. Zudem lassen sich Maschinen und Anlagen virtuell testen und optimieren, bevor sie in die Praxis umgesetzt werden. AR eignet sich besonders für Unternehmen, die mit der Roboter-Automatisierung starten wollen, sowie für diejenigen, die bisher weder Zeit noch Ressourcen hatten, die Planung einer entsprechenden Anlage in die Wege zu leiten.

Reales Werkstattumfeld: Wo liegen die Vorteile der Roboter-Programmierung mit VR und AR?

Bei VR-Anwendungen mit VR-Brille wird der Nutzer fast vollständig von seiner Außenwelt abgekapselt. Es ist also zwingend erforderlich, vor der Nutzung sicherzustellen, dass die Umgebung ungefährlich ist und ausreichend Platz zur Verfügung steht. Genau dies ist in einer Werkstatt zwar meist nicht gewährleistet - VR erfordert jedoch keinen direkten Zugang zur reellen Maschine, dem Roboter. Bediener, die den Roboter programmieren, können die einzelnen Prozesse und Bauteilzustände in frei wählbaren Detailgraden und aus beliebigen Blickwinkeln betrachten. So lassen sich leicht Fehler in der programmierten Bauteilbearbeitung erkennen, die von herkömmlichen Simulationstools nicht identifiziert werden können.

Im Video: Roboter-Visualisierung mit Augmented Reality - Quelle: ABB

Da bei AR der Mensch immer noch einen Großteil seiner Umgebung wahrnehmen kann, eignet sich AR vor allem für die Integration von Unterstützungs-Prozessen der Holzbearbeitung in das Werkstattumfeld. AR-Brillen, bei denen generierte Grafiken automatisch auf eine transparente, direkt vor den Augen angebrachte Scheibe projiziert werden, schränken den Handwerker in seiner Umgebungswahrnehmung kaum ein und ermöglichen es, während der Benutzung beide Hände für andere Tätigkeiten einzusetzen.

Oft werden auch Tablets eingesetzt, die durch eine Trackingfunktion im Raum ihre eigene Position ermitteln und so je nach Situation verschiedene Digital-Dienste anzeigen. Zwar wird der Bediener hierbei durch das Halten des Tablets eingeschränkt. Durch seine nicht beeinflusste Umgebungswahrnehmung kann er sich jedoch frei bewegen und gut in das Werkstatt-Umfeld integrieren. Dieser Ansatz wird auch in der Sirowo-Entwicklung verfolgt: Ein auf den Endeffektor des Roboters gerichtetes Tablet zeigt sowohl die nächsten Bearbeitungsschritte als auch aktuelle Bearbeitungsparameter als Overlay der Kameraaufnahme an. Dadurch können Bediener stets unabhängig vom eigenen Standort die Bauteilbearbeitung verfolgen.

(Quelle: Institut für Steuerungstechnik der Werkzeugmaschinen und Fertigungseinrichtungen der Universität Stuttgart)

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