Das Unternehmen Pulverlackierung Sarnoch nutzt seit zwei Jahren einen Industrieroboter in der Pulverbeschichtung.

Das Berliner Unternehmen 'Pulverlackierung Sarnoch' nutzt seit 2018 einen Industrieroboter in der Pulverbeschichtung. Dadurch steigt die Qualität und mehr Aufträge können bearbeitet werden. - (Bild: Swen Gottschall / bloominds.com)

Stefanie Sarnoch hatte es im Gefühl. Vor zwei Jahren entschied sich die Unternehmerin aus Berlin, in ihrem Betrieb für Pulverbeschichtung einen Roboter zu installieren. Kaum lief die Maschine den ersten Tag, erhöhte der größte Kunde des Lohnbeschichters seine Stückzahl nochmal deutlich. Der Industrieroboter war somit nicht nur vom ersten Tag an in drei Schichten voll ausgelastet - die rund 40 Mitarbeiter hätten den Auftrag ohne ihren neuen Blechkollegen gar nicht mehr rechtzeitig bearbeiten können.

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Die Idee: Ein Roboter im Handwerksbetrieb

Pulverbeschichten gilt traditionell als Handwerksberuf. Auch die 40 Mitarbeiter bei 'Pulverlackierung Sarnoch' in Berlin erledigen viele Aufgaben bei der Beschichtung von Werkstücken per Hand. Trotzdem denkt die Chefin, Stefanie Sarnoch, schon länger darüber nach, Robotik zu nutzen.

In den Medien liest sie immer wieder davon, dass man mit der Hilfe von Robotern automatisieren kann, auch beim Pulverbeschichten. Gleichzeitig sinkt der Preis für solche automatisierten Produktionshelfer, wie sie beobachtet.

Als Sarnoch Ende 2017 einen großen Serienauftrag für mehrere Jahre unterschreibt, fällt die Entscheidung: Ein Industrieroboter soll in Zukunft die Arbeit in ihrem Unternehmen bei der Pulverbeschichtung erleichtern.

Sarnoch will ihren Mitarbeitern schließlich nicht zumuten, den ganzen Tag dasselbe Teil zu beschichten, wie das bei einem Serienauftrag der Fall ist. Gleichzeitig löst der Industrieroboter auch den Fachkräftemangel. 

"Eine Beschichtung mit gleichbleibender Qualität auf Bauteile aufzubringen, ist einfach die perfekte Aufgabe für einen Roboter", erklärt Sarnoch. Und der Blechkollege laufe ohne Murren fünf Tage die Woche drei Schichten durch.

Video: Robotik in der Tischlerei

Unser Kollege Wolfgang Kräußlich zeigt in seinem Youtube-Kanal 'Next Robotics', wie andere Handwerksbetriebe von Robotik profitieren - hier eine Tischlerei.

Die Umsetzung: So läuft die Installation des Roboters

Um den Roboter in den Betrieb zu integrieren, arbeitet Sarnoch mit einem interdisziplinären Team. Mit dabei sind ihr Fachmann für Pulvertechnik und der Betriebsleiter sowie externe Kollegen des Roboterherstellers 'CMA Roboter GmbH' und von 'Gema', einem Spezialisten für Pulver. Ein klassischer Systemintegrator ist so nicht notwendig.

Der Lackierroboter mit drei Karusellarmen ist schnell ausgesucht. "Die größte Herausforderung war die umgebende Infrastruktur, denn das Beladen und Entladen musste für den Roboter geändert werden", erinnert sich Sarnoch.

Der neue automatisierte Produktionshelfer wird schließlich im Sommer 2018 aufgebaut. "Montag bis Mittwoch haben wir den Roboter installiert, ab Donnerstag lief er dann in drei Schichten durch", berichtet die Firmenchefin. Das liegt auch daran, dass der größte Kunde seine Stückzahl genau in dem Moment nochmal deutlich erhöht.

Vor der Programmierung des Roboters hatte Sarnoch im Rückblick den größten Respekt. "Ich war etwas skeptisch, denn das ist eine neue Technik, aber zwei meiner Mitarbeiter haben das gelernt", erklärt sie. Programmiert wird der Roboter im Teach-In-Verfahren. Das koste einfach Zeit, weshalb sich ein Industrieroboter aus Sicht von Sarnoch auch nur für große Stückzahlen lohnt. Im Gegenzug könne man aber sein Geschäft erweitern, da der Roboter größere Aufträge ermögliche. 

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Der Nutzen: Diesen Vorteil hat der Industrieroboter

Bei der Pulverbeschichtung sorgt der Roboter für eine absolut gleichbleibende Qualität. "Die Serienteile, die wir produzieren, haben bei der Schichtdicke enge Toleranzen", erläutert Sarnoch. Mit dem Roboter halte man immer denselben hohen Standard. Die Fehlerquote sinkt dadurch.

Gleichzeitig entlastet der Roboter in Sachen Fachkräftemangel. Wenn zum Beispiel einer der Mitarbeiter aus der Pulverbeschichtung ausfalle, dann müsse nun nicht mehr die ganze Schicht gecancelt werden. "Diese Sicherheit ist für die Serienproduktion essenziell", sagt Sarnoch.

Schneller arbeitet der Roboter bei der Pulverbeschichtung jedoch nicht als seine menschlichen Kollegen. Dafür ist er auch nicht entwickelt. Er benötigt allerdings keine Pause und wird auch nicht müde. Stattdessen ist er unermüdlich im Einsatz.

Die Umgestaltung: Das verändert der Roboter

Ein Roboter liefert zwar gleichbleibende Qualität, muss aber trotzdem kontrolliert werden. Denn die Maschine erkennt manche Dinge nicht, die für einen Menschen selbstverständlich sind. So kann der Blechkollege zum Beispiel nicht zwischen weißem und schwarzem Pulverlack unterscheiden. Er sieht auch nicht, wenn ein zu beschichtendes Werkstück einen Defekt hat.

Bei der 'Pulverlackierung Sarnoch GmbH' sind daher mit dem Roboter neue Kontrollmechanismen eingeführt worden. "Früher sind solche Qualitätsunterschiede oder eine falsche Farbe dem Beschichter aufgefallen, heute muss der Roboter-Bediener das Ganze im Blick behalten", erzählt die Firmenchefin.

Bei der roboterbasierten Beschichtung gibt außerdem die Maschine den Takt vor. "Wir sind eigentlich ein Betrieb, in dem alle Beschäftigten Handarbeiten ausführen", erklärt Sarnoch. Man könne sich seine Arbeit somit selbst einteilen. Das habe sich am Arbeitsplatz mit dem Roboter geändert, denn der macht nie Pause.

Es muss also genau zur richtigen Zeit ein Mensch zur Stelle sein, der den Roboter etwa mit neuen Teilen versorgt. Und das sei schon eine andere Arbeitskultur als vorher.

Beim Pulverbeschichten kommt es auch auf die Auswahl der richtigen Farbe an.
(Bild: Adobe Stock / caveio)

So funktioniert Pulverbeschichten:

Strahlen: Das Strahlen der Werkstücke aus Aluminium, Stahl oder Magnesium dient der Reinigung und dem Anrauen der Oberflächen. Dazu werden Edelstahlkorn oder Glasperlen mit hoher Druckluft auf das Material gestrahlt. Durch das Strahlen wird die richtige Grundlage erzielt, auf der die Pulverbeschichtung besonders gut am Produkt haftet. 

Chemische Vorbehandlung: Aluminium-Teile werden zunächst mit einer alkalischen oder einer Ultraschall-Entfettung gereinigt. So lässt sich Schmutz auch in kleinen Ecken oder Hohlräumen beseitigen. Die sogenannte Multimetall-Vorbehandlung eignet sich für Stahl, Aluminium und Zink. Die Oberflächen werden hier mit einer Entfettung auf Säure-Basis gereinigt. Das sorgt für einen besonders hohen Korrosionsschutz.

Manuelles Beschichten: Für Kleinteile gibt es bei Pulverlackierung Sarnoch vier Handpulverkabinen und drei gasbeheizten Kammeröfen. Für große Teile nutzt das Unternehmen eine halbautomatische Durchlaufanlage. Hier sind die Vorbehandlung, eine große Pulverkabine und ein Einbrennofen über ein Schienensystem verbunden. 

Automatisches Beschichten: Für serielle Großaufträge nutzt Pulverlackierung Sarnoch eine Automatikanlage mit Fördersystem und gasbeheiztem A-Durchlaufofen. An einer Transportschiene hängend durchlaufen die Beschichtungskabine den Ofen. Diese Produktionslinie arbeitet energiesparend und effizient. Die Automatikbeschichtung sichert einen gleichmäßigen Pulverauftrag. Der Durchlaufofen sorgt für einheitliche Einbrennbedingungen. 

Lessons learned: Tipps für Robotik-Einsteiger

Sarnoch rät anderen Betrieben, zu Beginn ganz genau zu überlegen, ob ein Roboter im Unternehmen tatsächlich mit Arbeit ausgelastet ist. Nur dann macht die Automatisierung aus ihrer Sicht Sinn.

Als Nächstes sollte man sich den Prozess rund um das automatisierte System genau anschauen. Denn die Maschine übernimmt ja nur einen speziellen Schritt im gesamten Prozess. Und dieser Prozess muss mit den vor- und nachgelagerten Prozessen abgestimmt werden. Mehr dazu lesen Sie in diesem Beitrag.

Die Menschen im Unternehmen müssen weiterhin im betrieblichen Alltag erst für Robotik sensibilisiert werden. Das kann etwas Zeit benötigen. "Eine große Herausforderung war es, unseren Mitarbeitern beizubringen, dass der Roboter keine Pause benötigt", erklärt Sarnoch.

Und grundsätzlich sei das Ganze eben 'Learning by doing', erinnert sich die Firmenchefin. Sie sei außerordentlich zufrieden mit dem Roboter, aber man lerne auch immer noch dazu.

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